Flugzeugabstürze über Wohngebieten ein mögliches Szenario in Rhein-Main?
Seit Eröffnung der neuen Landebahn Nordwest hat Rheinhessen und Mainz nicht nur bei Ostwind mit der Einflugschneise der parallelen Anflüge sowie Abflüge über die Startbahn-West zu kämpfen, auch bei Westwind donnern künftig startende Flugzeuge die ersten 80 km in einer Höhe von 1500 Metern laut tösend über hessische und rheinhessische Städte und Gemeinden. Die „stark genutzte Südumfliegung beinhaltet einen bewusst neu geschaffenen, für Fluglotsen wesentlich kritischeren Kollisionskurs“ und bei Triebwerksausfall bei einer Maschine aufgrund der niedrigen Höhe mehr Gefahren für einen Absturz. Eine Katastrophe im Lockerbie-Ausmaß wäre die Folge.
Die Gewerkschaft der Flugsicherung (GdF) äußert erneut erhebliche Bedenken gegen die neue Südumfliegung, die im August 2011 vom Bundesamt für Flugsicherung (BAF) beschlossen und seit Eröffnung der neuen Nordwestlandebahn umgesetzt wird. Sie wendet sich damit erneut an die Öffentlichkeit, weil die mit der Flugsicherung befassten Stellen die bereits im März geäußerten erheblichen Sicherheitsbedenken weder diskutieren, noch in ihre Planungsüberlegungen mit einbeziehen. Ob dies aus Unkenntnis oder mangelndem Problembewusstsein geschieht, bleibt offen.
Es fehlen Fluglotsen im zwei oder dreistelligen Bereich für den zeitgemäßen Betrieb des Flughafens Frankfurt. Offensichtlich dominieren allein Wirtschaftlichkeitsüberlegungen bei der Expansion des Flughafens. Politische Parteien verweigern seit Jahren eine Gesetzgebung, die die Bevölkerung effektiv vor Fluglärm schützt sowie gesundheitliche Auswirkungen einbezieht. Die Deutsche Flugsicherung (DFS) arbeitet mittlerweile als stark gewinnorientiertes Unternehmen – möglicherweise mit dem Ziel einen zweiten Privatisierungsversuch zu starten.
Die Fluglotsen sehen, bedingt durch die ungünstige Lage der Landebahn Nordwest, Probleme für eine sichere und zügige Verkehrsabwicklung und daraus resultierend erheblich komplexere und fehleranfällige Arbeitsabläufe für das Personal. Auch kritisieren sie – wie bereits in den früheren Äußerungen – den zusätzlichen Lärm und die CO2-Emissionen durch die längeren Flugrouten. Sie erwarten künftig speziell für die Abflüge spürbare Verzögerungen.
Die Lotsen befürchten weiter, dass der Flughafen Frankfurt – im Gegensatz zum Londoner Flughafen Heathrow, mit 2 Bahnen – nicht einmal mit 4 Bahnen eine reibungslose Abwicklung gewährleisten kann. Heathrow hat effizientere An- und Abflugverfahren und belastet damit die Bevölkerung wesentlich weniger mit Lärm und schädlichen Abgasen.
Die Großdemonstration am 22.10.2011 hat eindrucksvoll gezeigt, dass die Menschen der Region nicht bereit sind, ihre Gesundheit und ihr Leben einer rücksichtslosen Gewinnmaximierung zu opfern. Schlimm genug, dass die Bundesregierung plant, Vertreter von Fluggesellschaften in die DFS zu integrieren, wie es auch schon seit Jahren in den Ministerien passiert, damit diese ungehemmter und unbemerkter von der Öffentlichkeit als bisher ihre Interessen verwirklichen können.
Die Initiative gegen Fluglärm in Rheinhessen e.V. ruft die Bevölkerung auf, die getroffenen, gegen die Bevölkerung gerichteten Entscheidungen von Bundes- und Landesbehörden nicht hinzunehmen und damit einer Verschlechterung der Lebensqualität in unserer Region entgegenzuwirken. Weitere Informationen finden Sie unter www.fluglaerm-rheinhessen.de oder diskutieren Sie mit unter www.facebook.com/fluglaerm-rheinhessen
Pressemeldungen der Gewerkschaft der Flugsicherung:
- Fluglotsen sehen Probleme, aber auch eine Lösung
- Lotsen weisen auf komplexe Flugsicherungsverfahren hin –
Verzögerungen möglich
N24 Beitrag „Wir sind drin – Konzernlobbyisten im Zentrum der Macht“
4 Comments
Peter
Na ja, jetzt übertreibt er aber. Fluglärm schön und gut, aber gleich von einem erhöhten Absturzrisiko zu sprechen halte ich NICHT für ein „mögliches Szenario“ und etwas zu reißerischer Bürgerjournalismus. Ist aber nur meine persönliche Meinung.
Vielflieger
Hallo,
das Problem an der ganzen Diskussion ist aus
meiner Sicht, dass es deutlich an Sachlichkeit und
Faktenbezogenheit fehlt. Ich würde gerne zu
folgenden Punkten Stellung nehmen:
1. „künftig startende Flugzeuge die ersten 80 km
in einer Höhe von 1500 Metern laut tösend über
hessische und rheinhessische Städte und
Gemeinden“
> dies kann man pauschal nicht sagen, da die
startenden Flugzeuge sich zum Teil erheblich in
ihrem Gewicht und ihrer Schubleistung
unterscheiden und somit teilweise bereits deutlich
höher über Rheinhessen fliegen. Außerdem
befinden sich die Flugzeuge im Steigflug und
nicht, wie der Autor schreibt in konstanter Höhe.
2. „Die „stark genutzte Südumfliegung
beinhaltet einen bewusst neu geschaffenen, für
Fluglotsen wesentlich kritischeren
Kollisionskurs“ und bei Triebwerksausfall bei
einer Maschine aufgrund der niedrigen Höhe mehr
Gefahren für einen Absturz. Eine Katastrophe im
Lockerbie-Ausmaß wäre die Folge.“
> der Absatz vermittelt den Eindruck, dass die
Südumfliegung geplant wurde um eine Kollision zu
provozieren. Dies kann ich mir nicht vorstellen.
Ganz im Gegenteil werden in der Airlinebranche
Kollisionswahrscheinlichkeiten von 1: 100.000.000
angestebt. Dies ergibt sich aufgrund der Vielzahl
an Flugbewegungen, die jährlich weltweit
stattfinden. Daher ist und bleibt das Flugzeug das
statistisch sicherste Fortbewegungsmittel.
3. „Heathrow hat effizientere An- und
Abflugverfahren und belastet damit die
Bevölkerung wesentlich weniger mit Lärm und
schädlichen Abgasen.“
> Dies stimmt nur zum Teil. Die Anflugverfahren
sind effizienter, da die Flugzeuge zumeist im
Leerlauf auf den Leitstrahl der entsprechenden
Landebahn gleiten und somit weniger Lärm
verursachen. Der Preis ist allerdings, dass man
nach dem Start sehr lange in niedriger Höhe (2km)
auf der Ablfugroute bleiben muss, da der
anfliegende Verkehr ein zügiges Steigen
verhindert. Daher ist die Gesamtlärm- und CO2
Belastung sicherlich nicht niedriger als bei
unseren Verfahren in Frankfurt.
Abschließend möchte ich noch anfügen, dass ich
es verstehen kann, dass der Unmut zum Teil
erheblich ist. Das Ziel muss es sein bessere
An-und Abflugverfahren zu entwickeln ,die den
hohen Anforderungen an Sicherheit der Passagiere
und Besatzung gerecht werden. Daher hat der
Protest durchaus seine Berechtigung;um allerdings
zu tragfähigen Lösungen zu kommen ist eine
Diskussion notwendig, die von Sachlichkeit und
gegenseitigem Respekt geprägt ist.
Viele Grüße
Der Vielfleiger
Fluglaerm_Rheinhessen
Hallo Vielflieger,
danke für die konstruktiven Anmerkungen zu unserem Artikel. Wir lassen uns es natürlich nicht nehmen, hier unsere Sicht der Dinge näher zu erläutern:
zu 1. “künftig startende Flugzeuge die ersten 80 km in einer Höhe von 1500 Metern laut tösend über hessische und rheinhessische Städte und Gemeinden”
Wir reden hier von der zukünftigen Situation der Südumfliegung, bei der alle Flugzeuge unter dem Gegenanflug des Landeanfluges drunter durchfliegen müssen und deshalb keinen Steigflug mehr haben, sondern eine konstante Höhe fliegen, bis sie unter dem Gegenanflug des Landeanfluges drunter durch sind und danach weiter an Höhe gewinnen (siehe Tests im Juni 2011)
zu 2. “Die „stark genutzte Südumfliegung beinhaltet einen bewusst neu geschaffenen, für Fluglotsen wesentlich kritischeren Kollisionskurs“ und bei Triebwerksausfall bei einer Maschine aufgrund der niedrigen Höhe mehr Gefahren für einen Absturz. Eine Katastrophe im Lockerbie-Ausmaß wäre die Folge.”
An dieser Stelle zitieren wir die Pressemeldungen der Gewerkschaft der Fluglotsen (Links sind am Ende des Artikels) – sollte ein Flugzeug in einem dicht besiedelten Gebiet, wie wir es in Rhein-Main vorfinden, jemals herunter kommen, wäre das Ausmaß unvorstellbar.
zu 3. Hier sind Experten gefragt, die eine Gesamtrechnung der Emmissionen für Heathrow und Frankfurt vornehmen müssten. Leider werden solche Daten der Öffentlichkeit nicht transparent dargestellt, da es nicht im Interesse der Befürworter der Zentralisierung der Flugbewegungen in Frankfurt wäre. Wir wagen es aber weiterhin zu behaupten, dass aufgrund der vielen Kreuzungspunkte von Flugrouten, der extrem langen Landeanflüge (bis zu 80 km vom Flughafen entfernt) und der dadurch bedingten niedrigen Flughöhen (wohl gemerkt über maximal 160km Gegenanflug des Landeanfluges plus Endanflug) bei teilweise um 1000m Höhe, die Belastung der Bevölkerung extrem hoch ist. Sie muss nicht nur unnötig viel Lärm ertragen, sondern wird auch krank durch erhöhte Luftverschmutzung.
Zum Abschluss schließen wir uns gerne Ihrer Meinung an, dass „Sachlichkeit und gegenseitiger Respekt“ uns zu konstruktiven Lösungen führen kann. Daher setzen wir uns immer dafür ein, eine solche Grundlage zu schaffen. Es fällt aber immer wieder schwer die Diskussion auf dem Niveau aufrecht zu erhalten, wenn seitens der Luftfahrtbranche und der Politik nur Halbwahrheiten kommuniziert werden und der Schutz der Bevölkerung am Ende aller Überlegungen steht.
Abrahamgarten
…offen gestanden empfinde ich den Kommentar des Vielfliegers weder konstruktiv, noch erhellend. Die Ausführungen im Bezugsartikel sind objektiv und nachvollziehbar und orientieren sich im Wesentlichen an den Äußerungen der Fluglotsen, die wiederum offensichtlich mehr auf Sorge, denn auf Verwirrung basieren… Ich sehe darin eher den Wunsch, die Auseinandersetzung mit einer der vielen Ungereimtheiten im Zusammenhang mit dem Flughafenausbau anzufeuern.